on the road – neue Ideen, Pläne und Bündnisse für die Soziokultur im Norden!

Ende Oktober haben wir unser Projekt „on the road – Zusammenkunft der Soziokultur“ mit einer wunderbaren bunten Versammlung diverser schleswig-holsteinischer „Soziokulteure“ abgeschlossen. Nach langer Zeit wieder persönlich zusammenzusitzen und Erfolge wie Rückschläge, Sorgen wie Ideen und natürlich Visionen persönlich auszutauschen hat uns und allen Teilnehmer:innen neue Kraft eingehaucht. Wir sind mit vielen Fragen in das Projekt gegangen und mit neuen Gedanken, Einfällen, Verbündeten und sogar konkreten Plänen kommen wir nun heraus.

Begonnen hat alles wie so oft mit vielen offenen Fragen:

Was macht Soziokultur im Kern für uns aus? Welchen Herausforderungen müssen wir uns stellen und wo öffnen? Wie kommen wir zwischen zwei Krisen wieder in unsere Kraft? Wie wird Soziokultur 2030 aussehen und an wen werden sich ihre Angebote richten müssen?

Um all diese Fragen zu beantworten, braucht es (persönlichen) Austausch, Zusammenarbeit und viel Energie. Doch mit der Coronazeit im Rücken und der Energiekrise am Horizont sind viele soziokulturelle Akteure erschöpft, Kooperationen eingeschlafen, und für wichtige Innovations- und Weiterentwicklungsprozesse fehlt es nach 2 Jahren Lockdown an der nötigen Kraft – dazu kommt, dass Viele wertvolle Mitstreiter:innen verloren haben und sich  mit einem ernsten post-corona-bedingten Publikumsschwund konfrontiert sehen.

Und trotz allem – Gerade in der Krise zeigt es sich: niedrigschwellige Kulturangebote sind insbesondere in schweren Zeiten unabdingbar als Treffpunkte, Orte der Freude, Selbstverwirklichung und -entdeckung für die Menschen. Wir als Landesverband haben uns deshalb entschlossen, uns auf den Weg machen, um herauszufinden, wie wir, gemeinsam, zurück in unsere Kraft finden, um diese wichtigen Angebote möglichst flächendeckend bieten zu können – gerade jetzt. Klar war dabei: Wir wollen die Soziokultur und ihre Organisationen wieder persönlich treffen – also müssen wir sie aufsuchen. So sind wir in unser Projekt „on the road – Zusammenkunft der Soziokultur“ gestartet.

Das Projekt teilten wir in 2 Phasen:

  1. Kleinere Treffen vor Ort mit den regionalen Akteuren und
  2. Eine größere Versammlung für alle schleswig-holsteinischen Akteure, bei der Erkenntnisse & Themen der 1. Phase weiterentwickelt und konkretisiert werden sollten.

 

Erste Phase: Kultur-Dinner

Wie kommt man besser in den Austausch als beim gemeinsamen Essen? Für unsere erste „regionale“ Phase planten wir 4 „Kultur-Dinner“ in 4 Regionen des Bundeslandes, für alle gut erreichbar, und natürlich in soziokulturellen Zentren.

Eingeladen haben wir dazu nicht nur Mitglieder, sondern alle Akteure der Region, die soziokulturell arbeiten – mit einem Fokus auf Akteure im ländlichen Raum, Nachwuchs und transkulturelle Projekte, denn diese spielen gerade vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftspolitischer Fragestellungen eine wichtige Rolle.

Diese „Kultur-Dinner“ dienten vor allem dem Zweck, sich in kleiner Runde und angenehmer Atmosphäre kennenzulernen und auszutauschen. Mithilfe einer spielerischen Methodik, von 2 Konzeptdesigner:innen für uns entworfen, die sich an den 3 Gängen eines Menüs orientierte, kamen wir an einer langen Tafel ins Gespräch über unsere Arbeit, Herausforderungen und Wünsche.

Ziel war es, wichtige Themenfelder zu sammeln, die dann auf der Abschluss-Versammlung in größerem Kreis konkretisiert und praktikabel gemacht werden sollten.

     

 

Zweite Phase: Versammlung

Vom soziokulturellen Bücherstand, über Gesang, Austausch und natürlich konzentrierten Arbeiten bis hin zum abendlichen Zusammensein an der Feuertonne – die Versammlung war eine bunte Mischung aus allem – ebenso wie die Soziokultur.

Geplant war, in einem abwechslungsreichen Methodenmix die Themenfelder der Kultur-Dinner weiterzuentwickeln und erste konkrete Pläne zu schmieden.

 

In einem Auftaktgespräch mit unserer Geschäftsführerin Mieke Bohl, einer Vertreterin unseres Bundesverbandes aus Berlin, einem langjährigen Vorstandsmitglied und einem Vertreter einer Nachwuchsinitiative haben wir uns in der Gruppe gefragt, wo wir herkommen und wo es hingeht in der Soziokultur:

Soziokultur ist in den 70er Jahren aus einer Art Graswurzelbewegung heraus als „Gegenkultur“ entstanden. Welchen Einfluss hat das, auch heute noch, auf die Soziokultur? Was hat sich seitdem verändert? Was ist heute noch spürbar von der „alternativen Bewegung“ der Anfänge? Verstehen sich Nachwuchsprojekte noch als „Soziokultur“? Wie können wir Nachwuchsinitiativen für die Soziokultur gewinnen? Und schließlich: Wie bringt man nun Altes und Neues zusammen? Wo könnte sich die Soziokultur für mutige Veränderungen öffnen? Wie könnten die aussehen?

Nach einem spannenden Gespräch sind wir mit vielen Eindrücken in ein World-Café-Format gegangen, um dort dringliche Themenfelder weiterzudenken, die sich in den Kultur-Dinnern gezeigt hatten. Dafür haben wir 5 Thementische eröffnet, an denen sich wechselnde Gruppen mit folgenden Themen beschäftigten und konkrete Fragestellungen entwickelten:

  1. Publikumsschwund

Wo liegt er begründet? Haben wir uns die Kultur evt. während der Coronazeit abgewöhnt?, Haben sich die Bedürfnisse geändert – bieten wir noch das richtige Angebot? Haben wir unsere Zielgruppen genau definiert? Ist unsere Öffentlichkeitsarbeit zeitgemäß und stark/gegenwärtig genug?

Wie können wir eine Stütze für die Menschen in der Krise sein? Wie am besten das Ziel verfolgen, Normalität anzubieten und die Krise mal „vor der Tür“ lassen, und immer wieder niedrigschwellige Treffpunkte zu bieten, denn Gemeinschaft hilft und schützt. Wie können wir insbesondere einen geschützten Raum für Kinder bieten?

  1. Nachwuchs & Neue Aktive

Wo & Wie finden wir neue Aktive? Wie wollen neue Aktive sich engagieren und wie gehen wir darauf ein? Was bewahren und wo offen sein? Wie könnten wir eine Kultur des Ausprobierens ermöglichen (inkl. Möglichkeit des Scheiterns), welchen Grundkern der Soziokultur wollen wir bewahren und wie können wir definieren, was dieser Kern für uns ist.

  1. Öffentlichkeit & Außenwirkung

Wie machen wir auf unser Programm aufmerksam? Wie gehen wir speziell auf den Ländlichen Raum ein, der teils noch immer von der Digitalisierung ausgeschlossen ist? Können wir Mobilitätsangebote wie Tickets oder Mitfahrgelegenheiten bieten? Wie nutzen wir Social Media richtig für unsere Zwecke, welche Marketing-Alternativen eignen sich für die Soziokultur (wie etwa Guerilla Marketing)?

Wie stärken wir die Wahrnehmung von Soziokultur? Wie stellen wir eine größere Sichtbarkeit für die Soziokultur her? Wie & Wo erzählen wir unsere Geschichten der Freiheit & Selbstwirksamkeit und zeigen, was Soziokultur für die Gesellschaft leisten kann? Wie können wir geeignete Geschichts-„Perlen“ sammeln, formen und bereithalten? Wie formulieren wir eine Art „Elevator-Pitch“ für die Soziokultur/die eigene Einrichtung? Sollten wir mehr mit Zahlen bzw. Statistiken arbeiten, um unsere Vorteile zu beweisen?

  1. Zusammenarbeit

Wie kommen wir gemeinsam durch die Krise(n)? Können wir regelmäßige Vernetzungstreffen einrichten – auch persönlich? Wie können wir Ressourcen & Wissen teilen? Könnten wir eine Mobile Austauschbörse (für Gegenstände wie Kabeltrommel, Tische & Stühle, Transporter, Beamer u.ä.) organisieren? Wäre es umsetzbar und von Nutzen, eine Programmzusammenarbeit (mit landes- oder bundesweiten Themenschwerpunkten) anzustreben?

Was kann die LAG beitragen? Könnten wir die Organisation von Vernetzungs- und Austauschtreffen übernehmen? Einen Newsletter zu bestimmten Themen mit Kontakten zu Expert:innen (Gema, Buchhaltung u.ä.) einführen? Regelmäßig abfragen, zu welchen Themen es Austauschbedarf gibt? Ein „Mitglieder besuchen Mitglieder“-Format organisieren?

  1. Zukunft der Soziokultur

Wo sind wir gestartet und was hat sich seit des Anfängen der Soziokultur verändert? Das „Wir“-Gefühl als Community und Gemeinschaft ist der Kern der Soziokultur – wie stärken wir dieses (wieder)? Soziokultur – wie weit fasst sich der Begriff? Wie weit wollen wir ihn fassen? Die Neue Generation definiert Soziokultur anders, nicht unbedingt politisch, sicherlich nicht parteipolitisch – wie können wir darauf eingehen und wie weit können Änderungen gehen? Ansprüche an Professionalität und Qualität des Angebots sind gestiegen. Steht Niedrigschwelligkeit und Teilhabe noch im Vordergrund? Heute ist der Gedanke „Ich muss alles alleine schaffen“ sehr stark in der Gesellschaft verankert – stärker als zu Beginn der Soziokultur. Der Soziokulturelle Gedanke ist eher: „Ich kann um Hilfe bitten und Herausforderungen gemeinsam begegnen“ – das Bedürfnis nach einer solchen „Message“ ist da – wie kommunizieren wir diese (besser)?

Utopie (Dystopie)-Frage: Was wäre, wenn es Soziokultur nicht gäbe (> auch gut für die Öffentlichkeitsarbeit)

Nach dem „Themen-Café“ und viel konkreteren Fragestellungen haben wir den Versammlungstag abgeschlossen mit einem Spaziergang um den nahegelegenen Segeberger See, dem gemeinsamen Abendessen und zum Ausklang schließlich einem Abend an der Feuertonne und mit einer kleinen Feuerjonglage-Show eines unserer Mitglieder.

Am 2. Versammlungstag gab es die Möglichkeit aus den konkretisierten Fragestellungen praktische Pläne und Allianzen zu entwickeln. Dafür nutzten wir das Format des „Pro Action Café“. Es ergaben sich drei Gruppen, die sich mit den folgenden Bereichen auseinandersetzen wollten:

  • Vernetzungsmöglichkeiten innerhalb der LAG
  • Landesweites Kooperationsprojekt der soziokulturellen Akteure
  • Konzept „Soziokultur“ – Zukunft, Abgrenzung, Aufgaben

 

Zusammenfassung der Ergebnisse

Am Ende der Versammlung waren wir nicht nur um vielfältige Eindrücke und Ideen reicher, sondern es haben auch erste konkrete Pläne Gestalt angenommen!

  • Werkzeugkasten: Einige Mitglieder organisieren eine Börse für Tools, Leihgegenstände, Veranstaltungsorte u.ä.
  • Einige Mitglieder organisieren 2023 ein Format „Mitglieder besuchen Mitglieder“, bei dem sich Mitglieder gegenseitig besuchen, sich austauschen und die Arbeit der Anderen kennenlernen: Los gehts im 1. Quartal in Kiel mit den Gastgebern „Alte Mu“ und „Netzwerk für revolutionäre Ungeduld“!
  • Wir arbeiten am Projekt „Soziokulturelle Themenwochen“: Es soll ein Programmheft herausgegeben werden, das soziokulturelle Veranstaltungen & Projekte zu einem Themenbereich bewirbt (etwa Nachhaltigkeit): Die Idee & Möglichkeiten der Umsetzung werden in der LAG weitergedacht, Interessierte sind willkommen mitzumachen.
  • Selbsthilfegruppen zu Themen wie Öffentlichkeitsarbeit, Lobbyarbeit oder Finanzen sollen gemeinsam mit der LAG von den Mitgliedern organisiert werden – Interessierte können sich bei der LAG melden.
  • Die LAG arbeitet an einem neuen Angebot von
    • „Schreibwerkstätten Antragsstellung“ pünktlich zu großen Förderprogrammen.
    • Meetwoche: 1x im Monat Austauschtreffen online & persönlich.

 

Unser herzlicher Dank geht an alle Teilnehmer:innen, Mitplaner:innen und natürlich Förderer: der Fonds Soziokultur und das Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur !

 

Danke-Video

 

 

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