Mehrfach ausgezeichnetes Engagement – ein Besuch im Bella Donna Haus

Dagmar Greiß, Mitbegründerin des Bella Donna Hauses in Bad Oldesloe, erhielt im April 2024 das Bundesverdienstkreuz für ihr langjähriges Engagement für Frauen und Mädchen. Bereits im November 2023 wurde eine der jüngsten Mitstreiterinnen der Bellas, Charlize Pinder, mit dem Oldesloer Jugend Courage-Preis ausgezeichnet. Es ist also Zeit, unserem Mitglied einmal wieder einen Besuch abzustatten und darüber zu berichten, welches besondere und für die Soziokultur so beispielhafte „Innenleben“ die ehrenamtlich und basidemokratisch organisierte Begegnungsstätte seit 20 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte von Frauen für alle macht.

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An diesem Tag im Sommer ist es heiß im Gruppenraum des Bella Donna Hauses. Hier werden normalerweise Tanzworkshops oder Yoga angeboten. Zudem bereichert die feministische Initiative mit Ausstellungen, Lesungen und Konzerten die Kulturszene in Bad Oldesloe, beherbergt unter anderem die Frauenberatungsstelle und einen Weltladen. Drei Frauen im Vorstand, fünf im Beirat sowie weitere Aktive halten ihr Haus ehrenamtlich am Laufen. Gerade sitzen sie zu zehnt auf Stühlen, auf dem Boden – im Kreis. Die Tagesordnung: umfangreich. Die Laune: bestens.

Barbara sagt Stopp – wenn die Diskussion sich im Kreis dreht, wenn es Zeit ist, eine Pause zu machen oder wenn ein Tagesordnungspunkt noch nicht beschlussreif ist. Als Versammlungsleiterin für „Bella tagt“, das basisdemokratische Gruppentreffen alle zwei Wochen, ist sie die Richtige. Sie kommt aus der Wissenschaft – Struktur ist ihre Stärke. Im Bella Donna Haus ist Barbara von Anfang an dabei. Hier hat sie gelernt, ein bisschen Chaos auszuhalten, weil es sich am Ende doch irgendwie fügt.

Ein Jahr Strukturförderung

„Die Strukturförderung hat uns extrem entlastet“, berichtet Elke Thea. Gerade hat sie den Sachbericht zum ersten Jahr im Förderprogramm des Landes Schleswig-Holstein abgegeben. Die Bellas konnten einen intensiven Organisationsentwicklungsprozess anstoßen, der nun auch die notwendige Unterstützung durch die Kommune und hauptamtliche Arbeit mitdenkt.

Dagmar, die von Beginn an dieser Reise ein wichtiger Motor war, kennt den langen Weg, der bereits hinter ihnen liegt. Mit privatem Geld und einem KFW Darlehen warb sie gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen 1,2 Millionen Euro ein, um eine ehemalige Autowerkstatt auszubauen, das Haus energetisch fit zu machen, inklusive Solaranlage. Im letzten Jahr feierten sie ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer selbst inszenierten Revue. Jetzt geht es weiter Richtung Zukunft. Gerade bewerben sich die Bellas für ein weiteres Jahr Strukturförderung durch das Land. Dann wollen sie gezielter auch die Politik und Verwaltung auf kommunaler Ebene ansprechen. Die Einführung einer Teilzeitstelle für Kulturmanagement im ersten Jahr hat gezeigt, dass insbesondere im Veranstaltungsbereich Ehrenamt langfristig Unterstützung durchs Hauptamt braucht. Und Hauptamt braucht wiederum die Förderung durch die Kommune. Die Bellas wissen, dass sie in der lokalen Gesellschaft wichtige Aufgaben übernehmen. Dies gilt es jetzt in die Gespräche mitzunehmen. „Auf die Strukturen von Politik und Verwaltung müssen wir uns erst einstellen, vielleicht manche Wörter weglassen und dennoch authentisch bleiben,“ fasst Gaby das gemeinsame Vorgehen zusammen.

Kultur mit Gesellschaftswert

Die soziokulturelle Sparte im Angebot des Hauses erfüllt einen gesellschaftlichen Zweck. „Wir machen Kultur vor Ort. Niedrigschwellig erreichbar. Da wird schon mal ein Stuhl dazu geholt und ein ermäßigter Preis angeboten“, berichtet Solveig, die seit einem Jahr dabei ist und das Haus als in­klu­si­ven und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Ort schätzt. Unter anderem plant sie eine Veranstaltungsreihe zu Geschlechtervielfalt. „Wir sind kein Veranstaltungshaus“, unterstreicht Dagmar. „Was wir anbieten, kommt aus unserem gesellschaftlichen Interesse. Es sind Themen, die uns bewegen, die uns sonst zu wenig begegnen. Wir müssen immer hinter unseren Veranstaltungen stehen können.“ Aktuell gehört auch hier der Zustand unserer Demokratie zu den Top-Themen. Plakate der aktuellen Kampagne „Soziokultur lebt Demokratie“ des Bundesverbandes Soziokultur sind an mehreren Stellen im Haus zu finden. Ein Banner an der Außenfassade soll folgen. In ihren Salongesprächen widmen sich die Bellas dem Austausch über ihre persönlichen Bezüge zur Demokratie, um im Konsens mit dem Thema nach draußen zu gehen.

Gemeinschaft als Vorbild

Begegnung und Freude gehören zu den zentralen Säulen des Bella Donna Hauses. Diese repräsentieren die Organisation nicht nur im Außen, sondern werden auch im Innen gelebt. Ganz bewusst treffen sich die Bellas alle zwei Wochen in Präsenz. „Wir wollen nicht nur wissen, was unser Gegenüber sagt, sondern auch wie sie dabei aussieht“, erklärt Elke Thea dazu. Wenn „Bella tagt“ dann sorgt Conny für gesunde Snacks und Gaby kommt extra mit dem Bummelzug aus der Nähe von Hamburg nach Bad Oldesloe, weil sie in dieser ehrenamtlichen Tätigkeit sowohl gefordert wird, als auch Energie tanken kann. So findet auch Paula, die ganz frisch die Stelle im Kulturmanagement übernommen hat, in dieser Gruppe den Mut zu sagen, dass sie mit der aktuellen Zeit, die ihr zur Verfügung steht, nicht alle gewünschten Veranstaltungen zufriedenstellend organisieren und bewerben können wird. Für diesen Mut wird sich von den anderen Frauen erst einmal gefeiert, bevor die Köpfe über dem Veranstaltungskalender zusammengesteckt werden, um die nötige Entlastung im Konsens herbeizuführen. „Wir verbringen viel Lebenszeit hier. Unsere Gemeinschaft ist ein Wert für sich“, erzählt Dagmar unterm Apfelbaum im Garten. Sie sieht, dass die Werte der vergangenen 20 Jahre von der nächsten Generation im Bella Donna Haus weitergetragen werden, auch wenn sich so einiges ändert und sie sich  langsam in den Garten ihres zweiten Familienhauses zurückzieht.

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